Die Industriegleise werden in Freiburg kaum noch genutzt

Lesen Sie den Artikel auch in der Badischen Zeitung vom 12.4.23

Vom Firmengelände auf die Schiene: Diese Möglichkeit zum Warentransport nutzt in Freiburg kaum noch eine Firma. Die Gleise versinken im Dornröschenschlaf – oder werden zum Abstellen historischer Waggons genutzt.

Mitten im Wald verschwinden Gleise, in unmittelbarer Nähe zur S-Bahn-Haltestelle in Freiburg-Landwasser. Die Schienen sind verrostet und mit Pflanzen überwachsen – Züge sind hier schon lange nicht mehr gefahren. Ähnlich sieht es im nahe gelegenen Industriegebiet Nord aus: Auch dort enden viele Schienenanschlüsse, die einst zu Unternehmen führten, mittlerweile im Nichts.

Die Industriegleise gehören der Stadt Freiburg


3,7 Kilometer lang ist das Netz der so genannten Industriegleise im Stadtgebiet. Sie gehören der Stadt Freiburg, die auch für den Unterhalt verantwortlich ist. Mit dem Betrieb hat die Stadtverwaltung die Deutsche Bahn beauftragt und diese wiederum die Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG). Doch viel Arbeit gibt es für die SWEG nicht: Gerade noch zwei Unternehmen nutzen laut Angabe der Stadtverwaltung die direkten Gleisanschlüsse, ein weiterer Betrieb habe aktuell Interesse bekundet.

Früher sah dies ganz anders aus: In den 1970er-Jahren hatten 48 Betriebe in der Stadt einen betrieblichen Gleisanschluss, 2002 noch 13 Unternehmen. Der massive Rückgang der genutzten Gleisanschlüsse ist jedoch kein Freiburger Phänomen: Bundesweit ist die Zahl seit 1994 um rund 80 Prozent zurückgegangen – und das trotz aller Bestrebungen, mehr Güter auf der Schiene und damit umweltfreundlicher zu transportieren.

Der Betrieb ist nicht kostendeckend


Was der Unterhalt der Industriegleise die Stadt pro Jahr kostet, lasse sich nicht genau beziffern, sagt Rathaussprecher Sebastian Wolfrum – viele verschiedene Posten flössen ein. Aber: "Der Betrieb ist nicht kostendeckend." Etwas bezahlen müssen die Unternehmen, die die privaten Gleisanschlüsse nutzen: Pro Jahr werde eine Pauschale von 608 Euro fällig und pro zugestelltem Waggon 27 Euro, so Wolfrum. Berthold Noeske hält das für ein Unding: Der frühere Grünen-Stadtrat beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Industriegleise und meint, dass auch diese Ungleichbehandlung von Schiene und Straße zum mangelnden Interesse der Unternehmen führe – Straßen für Lkw-Fahren könnten schließlich weitestgehend kostenlos genutzt werden.

Für die Firma "Schwarzwald Eisen" rechnet sich der private Gleisanschluss trotzdem, wie Geschäftsführer Alexander Hatt sagt: Das Unternehmen mit Hauptsitz in Lahr ist seit 2014 in Freiburg im Industriegebiet Nord ansässig und hat damals eigens die Schienen aufs Firmengelände reaktivieren lassen. "Wir sind sehr froh, dass wir das haben", sagt Hatt. Das Unternehmen nutze die Schienen ausschließlich zur Anlieferung – rund 100 bis 120 Waggons rollten pro Jahr aufs Gelände, das ersetze etwa doppelt so viele Lkw-Fahrten. Für den Stahlhändler sei der Transport auf der Schiene ideal – denn es würden sehr große Blöcke angeliefert.

In Freiburg wird auch Abfall transportiert


"Schwer, lang, sperrig": Das seien optimale Waren für die Schiene, sagt Hatt. Bei anderen Gütern sei der Mehrwert nicht so gegeben – das ist seiner Meinung nach ein Grund für die geringe Nachfrage der Firmen. Diese Einschätzung bestätigt Bernd Schäfer vom Transport- und Logistikunternehmen Streck, das im Gewerbegebiet Hochdorf einen Gleisanschluss bis aufs Gelände hat, diesen aber nicht nutzt. "Unser Geschäft ist viel zu kleinteilig", sagt er, und dieser Trend nehme im Güterverkehr immer weiter zu.

Mit der Bahn transportiert wird in Freiburg auch Abfall: Täglich rollt ein Zug mit Restmüll von Freiburg zur Müllverbrennungsanlage nach Eschbach. "Hierdurch können etwa zehn Lkw-Transporte eingespart werden", teilt die Entsorgungsfirma Remondis mit. Diese hat allerdings nur ein kurzes Industriegleis: Das Firmengelände liegt direkt am Güterbahnhof.

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